GESCHICHTE

Was ist das für ein Land, in dem sich die Bürger den ganzen Tag über mit „Moien“ begrüßen, die meisten Menschen zwischen drei und vier Sprachen sprechen und von dem jeder Fremde glaubt, es sei ein Steuerparadies? Das ist Luxemburg, Gründungsmitglied der EU, ein Land im Herzen Europas, fast so groß wie Vorarlberg. Bis vor kurzem hatte Luxemburg noch etwas anderes mit Vorarlberg gemeinsam, es besaß keine Universität und das mag auch einer der Gründe gewesen sein, warum es eine „Luxemburgisch-Österreichische Gesellschaft in Wien“ gibt.

Seit 1970 besteht ein Kulturabkommen zwischen Luxemburg und Österreich, das nicht nur einen gegenseitigen Kulturaustausch ermöglicht, sondern auch zahlreichen Studenten die Möglichkeit gab, in Österreich zu studieren. So entstand Mitte der 70er Jahre ein luxemburgischer Studentenclub, der sehr bald eine rege kulturelle Tätigkeit aufnahm, indem er zahlreiche Autoren und Musiker aus Luxemburg einlud, um hier in Wien ihre Kunst zu zeigen. Es mag eine gewisse Affinität zum Land, zur Stadt, zu verschiedenen Bewohnern oder vielleicht auch zur Kultur oder anderen kulturellen Produkten gewesen sein, die bewirkten, dass manch fertiger oder halbfertiger Student oder auch Studentin in Wien hängen blieb.
Wenn man nun älter wird und langsam aber sicher aus dem Studentischen herauswächst und doch die besondere luxemburgische Geselligkeit nicht länger missen will, dann gründet man eine Luxemburgisch-Österreichische Gesellschaft. Dies geschah 1994. Die Wahlanzeige an die Vereinsbehörde in der Bundespolizeidirektion Wien lautete:

„Sehr geehrte Herren!
Hiermit erlauben wir uns Ihnen mitzuteilen, dass am 31. Mai 1994 im Restaurant El Fontroussi in der Reisnerstraße 39, 1030 Wien, die konstituierende Versammlung der Luxemburgisch-Österreichischen Gesellschaft in Wien stattfand. In seiner Eröffnungsansprache begrüßte Herr Dipl. Ing. Frank Molitor – einer der Proponenten der Vereinigung – die zahlreich erschienenen Interessenten und teilte mit, dass die zur Genehmigung eingereichten Statuten von der Vereinsbehörde in Wien angenommen und an uns retourniert wurden. Es trugen sich anschließend 25 Personen als Mitglieder in eine Liste ein. Nachdem somit alle Mitglieder anwesend waren, wurde die Beschlussfähigkeit der Versammlung festgestellt und es wurden die folgenden Mitglieder in die jeweiligen Funktionen gewählt:
Vorsitzender: Mag. Jean-Lou Cloos, Baumeistergasse 72-74, 1160 Wien
Stellvertretende Vorsitzende: Ginette Griesbach, Krapfenwaldgasse 42, 1190 Wien
Schriftführerin: Yola Morgan, Neulinggasse 8/4/, 1030 Wien
Stellvertretende Schriftführerin: Mag. Liliane Wallner, Liesingbachstrasse 226, 1100 Wien
Kassier: Dr. Marco Hoffmann, Florianigasse 31/27, 1080 Wien
Organisationsreferenten: DI Frank Molitor und Alphonse Sauer
Referent für Kultur: Georges Holper
Referent für Öffentlichkeitsarbeit: Dr. Adrien Weber
Kassenrevisoren: Dr. Claude Alf und Dr. Germain Weber

Folgende Ziele lagen den Gründungsmitgliedern, die natürlich nicht nur frühere Studenten waren, am Herzen:
a) alle Luxemburger, alle ehemaligen Luxemburger, deren Familienmitglieder und deren Freundeskreis, gleich welcher Staatsbürgerschaft zusammenzuführen, mit dem Zweck, den personellen und kulturellen Kontakt untereinander aufrechtzuerhalten und zu pflegen;
b) den kulturellen und wissenschaftlichen Austausch zwischen Österreich und Luxemburg zu fördern;
c) die Abhaltung wissenschaftlicher Tagungen und kultureller Veranstaltungen zu ermöglichen;
d) die Zusammenarbeit mit anderen österreichischen und luxemburgischen Gesellschaften zu gewährleisten und
e) die Förderung von österreichischen und luxemburgischen Künstlern und Wissenschaftern.“

Für die erste Veranstaltung im Jahre 1994, die von der Luxemburger Botschaft in Wien unterstützt wurde, wurde der Klassik-Gitarrist Jean-Jacques Wathgen aus Esch/Luxemburg eingeladen. Im Juni 1994 nahm die Gesellschaft mit einem Info- und Gastro-Stand am großen Europa-Fest in der Wiener Innenstadt teil. Bei dieser Gelegenheit hatten namhafte Luxemburger Firmen typische luxemburgische Nahrungsmittel („Zosiss“, „Ham“, „Kachkés“) zur Verfügung gestellt, so dass die Besucher des Festes diese luxemburgischen Spezialitäten zusammen mit einem Glas Luxemburger Bier oder einem „Pättchen“ Moselwein oder Moselschampes degustieren konnten. Die Atmosphäre wurde durch eine aus Luxemburg eingeflogene Musikgruppe „Dullemajik“ (Drehleier), die traditionelle luxemburgische Lieder spielte ergänzt. Die wenigsten Leute in Österreich hatten bisher Gelegenheit, Luxemburg kennen zulernen und so gab es endlich die Möglichkeit, den Besuchern des damaligen Europafestes das kleine Land etwas näher zu bringen.

In den letzten 10 Jahren wurden zahlreiche deutsch schreibende Autoren zu Lesungen eingeladen, es wurden Kammermusik Konzerte, Vorträge über Wirtschaft und über gemeinsame Geschichte zwischen Luxemburg und Österreich, und Weinverkostungen organisiert. In Zusammenarbeit mit französisch-sprachigen Gesellschaften konnten mehrere Kabarettabende in französischer Sprache mit Künstlern aus Luxemburg stattfinden. Um die gute BeNeLux- Kooperation auch in Österreich weiter zu führen, wird jedes zweite Jahr der Advent gemeinsam mit der österreichisch-belgischen und der österreichisch-niederländischen Gesellschaft gefeiert. Sogar ein Starkoch aus Luxemburg kochte Ende 2004 in Wien im Hotel Modul extra für die bilaterale Gesellschaft auf.

Seit der Vereinsgründung hat sich auch einiges intern verändert: nach Jean-Lou Cloos wurde Dr. Marco Hoffmann und schließlich Ginette Griesbach Präsident der Gesellschaft, die bestrebt ist, den Charakter der Gesellschaft behutsam an denjenigen der zahlreichen anderen im Dachverband PaN vertretenen Vereine anzugleichen. 2003 übernahm Fürstin Anita von Hohenberg, eine Kusine von Henri, dem jetzigen Großherzog von Luxemburg, die Ehrenpräsidentschaft der Gesellschaft. Und was für jede Gesellschaft wünschenswert ist: aus 25 Gründungsmitgliedern wurden über 150 Mitglieder, ein Zeichen dafür, dass ein reger Austausch stattfindet und die angebotenen Veranstaltungen Gefallen finden.

Es ist erwähnenswert, dass Luxemburg eines derjenigen europäischen Länder war, das nach dem Zweiten Weltkrieg unzähligen Kindern aus Österreich Gastfreundschaft zur Erholung bot. Die Organisation übernahm die Caritas, weitere Auslandsdestinationen waren Belgien, Holland, Portugal, die Schweiz, Spanien und wenige Jahre auch Italien. Sogar nach Berlin gingen Kindertransporte ab 1953. 4582 österreichische Kinder kamen bis 1981 kamen in den Genuss von Ferienaufenthalten in Luxemburg, manche davon sogar mehrfach. Diese Aktion ging sogar bis zum Jahre 1981.

„Friture de la Moselle“ (erzählt vom Vorstandsmitglied Dr. Marco Hoffmann)

Hierbei handelt es sich um frittierte Fischlein, vorwiegend Rotaugen, die zwischen 15 und 20 cm groß sind. Eine Portion umfasst 6-7 Stück. Diese Fische wurden früher aus der Mosel, dem Grenzfluss zwischen Luxemburg und Deutschland, gefischt, heute stammen sie aus Zuchtgewässer. Das besondere daran ist, dass man diese Fischlein mit den Fingern essen und deren Zubereitung in sofern delikat ist, dass nämlich der Rückenteil noch ‚saftig’, während der Bauchteil schon knusprig sein muss. Dazu trinkt man ein Glas luxemburgischen Weißwein, vielleicht einen Elbling, einen Pinot Blanc oder sogar einen Auxerrois oder einen Riesling, denn ein altes luxemburgisches Sprichwort sagt: “Fischlein müssen dreimal schwimmen, einmal im Wasser, einmal im Fett und einmal im Wein.“ Essen kann man diese Friture in einem der zahlreichen Restaurants, die auf der Hauptstrasse entlang der Mosel liegen, z.B. im Restaurant Mathes in Ahn, des Autors Lieblingsrestaurant für solche Angelegenheiten.
„Gudden Appetit“!

Comments are closed.